Saalfastnacht vom Feinsten

01.02.2010 – ELTVILLE

Von Kerstin Prosch

NARREN Zeit vergeht beim Eltviller Carneval Verein wie im Flug

Wer hat an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon ein Uhr früh? Eben ist es doch erst 18.33 Uhr gewesen. Dass die Zeit wie im Flug verging, spricht für den Eltviller Carneval Verein (ECV). Zu dessen 1. Prunksitzung in der Turnhalle der Freiherr-vom-Stein-Schule gibt es eigentlich nur eins zu sagen: Das war spitze! Wer eine Karte für die 2. Prunksitzung hat, darf sich glücklich schätzen. Denn was der ECV seinem Publikum bietet, ist Saalfastnacht vom Feinsten, die einfach nur Spaß macht. Da gibt es für die Zukunft nur eins zu sagen: Lieber ECV, mach weiter so!

Ein anerkennendes Helau gilt Matthias Bleul, der seine Aufgabe als Sitzungspräsident zu lieben scheint. Der Mann bekommt es tatsächlich hin, fast sieben Stunden gute Laune zu verbreiten – ohne das es auch nur einmal aufgesetzt wirkt. Er klettert bei Stimmungsbeiträgen auf seinen Stuhl, singt mit, klatscht mit, tanzt mit. Er witzelt mit den Akteuren auf der Bühne, ebenso wie mit dem Publikum Und fehlt einem Büttenredner mal ein Glas Wasser, dann springt er halt auf und trägt es persönlich hin. Ganz nebenbei steht er auch noch selbst auf der Bühne – beispielsweise als Joana.

Ein ebenso anerkennendes Helau gebührt den Nachwuchsrednern des ECV. Ihnen muss man keinen Beifall spenden, damit sie bei der Stange bleiben und vielleicht eines schönen Tages in die Fußstapfen verdienter Fastnachter treten.

ECV-Nachwuchsrednern wie Maximilian Wenz kann man einfach applaudieren, weil sie richtig gut sind. Als “Frau Merkels Sekretär” verrät der 19-Jährige, wie Deutschland an seine Minister kam: Sie wurden fast ausnahmslos ausgelost. Den Job übernimmt auf der Sitzung Wenz Schwester Carolin. Beim Kommentieren der Ministerriege nimmt der Nachwuchsfastnachter kein Blatt vor den Mund. Kleine Kostprobe zu Außenminister Westerwelle: “Mr. Westerwave, sensationell! His Englisch is ja so very well!” Auch Ex-Verteidigungsminister Jung bekommt sein Fett ab: “Wär Deutschland mit Jung im Kriesch, hätte die Taliban den Siesch!” Eine Augenweide sind die vielen Tanzgruppen des Eltviller Carnevalvereins. Ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene – das Zuschauen ist bei allen ein Genuss.

Richtig stolz sein darf der ECV auf seine beiden Männerballetts die Schneggscher und die Rieslingsterne. Letztere stehen unter der Leitung von Bettina Post, die auch schon die Garde trainiert hat. “Männer und Frauen sind schon verschieden”, merkt sie süffisant an. Beim Training mit Matthias Bleul, Thomas Flöck, Michael Reuter, Stefan Moos, Michael Hulbert, Stefan Antesberger, Karl-Christian Ries, Axel Kirn und Roman Meth gelte jedoch “Geht nicht – gibt´s nicht”. Diesmal entführt die Gruppe die Zuschauer in den Orient. Besonders gefällt dem Publikum Meth als Sulaika sowie die Nummer mit dem fliegenden Teppich. Wenn wundert es da, dass mal wieder laut “Zugabe” gerufen wird.

Als “Dippegucker”, angeregt durch die gleichnamige Tagblatt-Serie, begeistert Leo Gros. Er war unter anderem im Restaurant des Deutschen Bundestages zu Gast. Dort gab es beispielsweise “Sitzflaasch mit Vorschusslorbeern” und “Haaß Luft in Eischnee von gestern” – kurzum: “demokratisches Light Food”. Und was wird in Eltville aufgetischt? “Rheinuferteller mit Anlegerwurst und Anliegerparkplätzchen”. Zum Dessert wird “Eltviller Winter” serviert. Dafür vergibt Gros “zwaa Sterne im Michelin”.

Allerlei Kokolores haben Roman Meth und Michael Reuter als Johann und Joseb dem närrischen Auditorium mitgebracht. Von Johann ist der Unterschied zwischen Hundefutter und einer Schönheitsoperation zu erfahren: “Des eine iss für de Hund, un des anner iss für die Katz!” Dass die Kiedricher laut Joseb eine Geheimsprache haben, die kein Eltviller entschlüsseln kann, versteht Johann nicht: “Sowas von unnötig. Wenn en Kiddricher was verzählt, hört en Eltviller sowieso nitt zu!”

Natürlich darf beim ECV auch Bürgermeister Patrick Kunkel nicht fehlen. Der nimmt statt der Kiedricher einmal die Wiesbadener aufs Korn. “Unsere Landeshauptstadt, das ist die Stadt, wo die Leute schon drei Tage vor einem angekündigten Schneefall das Autofahren verlernt haben”, bemerkt er. Lob spendet er seinen Leuten vom Bauhof, die dafür Sorge tragen, das in Eltville zumindest die wichtigsten Straßen als Straßen erkennbar seien.

Allerdings übt man auch in Eltville mittlerweile auf die Melodie von “Es gibt kein Bier auf Hawaii” den Hit “Es gibt kein Salz in Eltvill, es gibt kein Salz…”

Quelle: Wiesbadener Tagblatt